Cinema Mayence: Das Palatin vor dem Abriss

Den Geschmack von Superbock noch auf den Lippen biegen wir in die Hintere Bleiche ein. In einiger Entfernung zeichnet sich schon eine geschäftige kleine Menschentraube ab. Mal rauchend, mal im Gespräch warten am Eingang des Kinos kleine Grüppchen auf ihre Verabredungen. Unter der weißen Setztafel auf der in schwarzen Lettern der Schriftzug „Kino für Mainz“ angebracht ist, treffen wir den Rest unserer kleinen Gruppe. Wir sind hier, um uns die aktuelle Montags-Preview anzuschauen. Eine wöchentliche Veranstaltung, präsentiert und eingeleitet vom filmwissenschaftlichen Institut der Uni in Mainz. Da gerade Sommerpause ist – sprich alle Menschen sich im Urlaub befinden, Schoppe-Gläser in den Kneipen ums Eck leeren oder am Rhein die Kühle des Wassers suchen – wickelt sich keine Warteschlange um den Block, um die beiden Dependants von Capitol&Palatin auch räumlich zu verbinden.

Zu Capitol&Palatin

Wir sind zu dritt, wie an fast jedem Montag. Wir begrüßen noch einige flüchtige Bekannte – man kennt sich noch aus der Vorwoche, oder war es doch vor drei Wochen? Vorbei an einigen seltsamen und scheinbar immer vor-sich-her-flimmernden Fernsehern erklimmen wir vorfreudig wie routiniert die Stufen zwischen Eingangsbereich und Foyer. <<Nimmst du mich heute mit auf die Karte?>>, fragt mich einer meiner Begleiter. Ich bejahe und krame die etwas verknickte 10er-Karte aus meinem Portemonaie. <<Ich hätte gerne zwei Kreuze für die Preview>>, sage ich, während das Mädchen an der Kasse schon X X auf das Papier setzt. Von hinten ruft es: <<Noch eine Flasche von dem grünen Bier bitte>>. Ich grinse. Es gibt im Palatin eine Biermarke mit zwei Sorten in je einer rot- und einer grünen-ettikettierten Flasche. Da sich niemand den Namen merkt gibt es für uns im Kino immer grünes oder rotes Bier. Wir bezahlen und drehen uns schließlich mit je einer Flasche Bier in Richtung Saal 1.

Zur Petition

Saal 1 ist der Größte im Palatin, zwar doch deutlich kleiner als das mit einer Galerie ausgetattete Capitol eine Straße weiter, allerdings auch deutlich größer als die übrigen drei. Mir fällt auf, dass ich mich in Saal 4 immer überraschend wohl fühle, obwohl es dort fast so eng zugeht wie in meinem WG-Zimmer. <<Für eine gut besuchte Preview wäre das aber wohl kein all zu geeigneter Ort>>, vervollständigen meine Begleiter auf den Sitzen rechts und links von mir meine Gedanken. <<Aber irgendwie erinnert es mich an ein gemütliches Wohnzimmer. Wobei man in einer Wohnung ja niemals Platz hätte, ein eingenes Zimmer so einzurichten>>. Bevor wir unsere Gedanken um ein vermutlich nie entstehendes eigenes Heimkino weiterführen können ertönt von vorn eine Stimme.

Zur Initiative

Die beiden Moderatoren richten sich an das Publikum und kündigen, wie jede Woche den in Kürze startenden Film an. Als interessierter, aber nicht studierter Kinogänger lausche ich den Worten mal mehr und mal weniger.

Ich lasse mich in den Sessel sinken und merke wie es um mich dunkel wird.


Ich hoffe, dass nicht bald Fischer&Co das geschafft haben, was selbst eine globale Pandemie nicht vollbringen konnte: Den Kulturbetrieb in Mainz um seine letzten Kinos zu berauben. Ebenso hoffe und erwarte ich, dass die Stadt sich dem Wert und der Authentizität der beiden Kinos in ihrem jetzigen Standort bewusst wird und sich mit Nachdruck für eine Lösung einsetzt. Die Verantwortlichen sollten sich bewusst machen, dass kulturelle Orte ebenso wie historische Bauten, öffentliche Plätze oder traditionelle Feste einen gesellschaflichen Stellenwert besitzen, der erhalten werden muss, um das soziale und kulturelle Leben in der Stadt zu bewahren. Rettet Capitol&Palatin.

Kino für Mainz. Mainz für Kino

Das Palatin bei Nacht.

2 Gedanken zu “Cinema Mayence: Das Palatin vor dem Abriss

  1. Hi TBC, ich habe mich aus persönlichen Beweggründen von meiner ID verabschiedet. Bitte lösche diesbezüglich meine abgegebenen Kommentare + Blogroll-Link (als solarstr1ker) auf deiner Website, einschließlich diesem. *Bleibe ein aufmerksamer Leser.

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